
Fühlst du dich oft von Ängsten oder Panikattacken gesteuert? Das ist schwer und kann das Leben stark einschränken – gleichzeitig ist es behandelbar. Panikattacken sind körperliche Reaktionen: Herzrasen, Atemnot, Schwindel, Schwitzen, das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren oder zu sterben. Sie sind extrem unangenehm, aber in den meisten Fällen nicht lebensgefährlich. Hier sind konkrete, umsetzbare Schritte, um akute Attacken zu entschärfen und langfristig weniger von Angst bestimmt zu werden.
Sofortmaßnahmen bei einer Panikattacke
- Anerkennen und benennen: Sag dir innerlich ruhig „Das ist eine Panikattacke. Es ist unangenehm, aber nicht gefährlich.“ Das reduziert die Katastrophisierung.
- Atmen kontrollieren: Bauchatmung (Zwerchfellatmung) hilft. Atme langsam durch die Nase 4 Sekunden ein, halte 4 Sekunden, atme 8 Sekunden langsam aus. Wiederhole das mehrere Minuten.
- Erdungsübung (5-4-3-2-1): Nenne 5 Dinge, die du sehen kannst, 4, die du berühren kannst, 3, die du hörst, 2, die du riechen kannst oder riechen möchtest, 1 Sache, die du schmeckst. Das bringt dich ins Hier und Jetzt.
- Körperhaltung: Setz dich, lehn dich vor (das kann das Gefühl von Kurzatmigkeit reduzieren) oder stell dich stabil hin, achte auf feste Standfläche. Lockernde Muskelanspannung/-entspannung kann zusätzlich helfen.
- Wärme oder Kälte: Eine kalte Dusche, kaltes Wasser ins Gesicht oder ein kaltes Tuch kann die Alarmreaktion dämpfen.
- Sichere Umgebung: Wenn möglich, geh an einen ruhigen Ort, ruf eine vertraute Person an oder bitte um Unterstützung.
Kurzfristige Strategien zwischen Attacken
- Notiere Auslöser und Muster: Wann treten Attacken auf? Vorhergehende Gedanken, Situationen, Substanzen (Koffein, Alkohol) beachten. Ein kleines Angst-Tagebuch hilft, Muster zu erkennen.
- Reduzier Koffein, Nikotin und Drogen: Diese Stoffe können Ängste verstärken.
- Schlaf und Bewegung: Regelmäßiger, ausreichender Schlaf und 30 Minuten moderate körperliche Aktivität an den meisten Tagen stabilisieren das Nervensystem.
- Entspannungstechniken: Progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Yoga regelmäßig üben.
- Achtsamkeit und Akzeptanz: Übe, körperliche Symptome zu beobachten, ohne sofort zu bewerten („Urge surfing“). Gefühle kommen und gehen.
Langfristige Therapieansätze
- Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit Exposition gilt als sehr wirksam. Dabei lernst du, automatische Katastrophengedanken zu hinterfragen und dich schrittweise den angstauslösenden Situationen auszusetzen, bis die Angst abnimmt.
- Konfrontation statt Vermeidung: Vermeidung erhält Ängste. Eine schrittweise, geplante Annäherung an das Angstobjekt oder die Situation mindert langfristig die Angst.
- Medikamente: SSRIs/SNRIs können bei anhaltenden Ängsten helfen; Benzodiazepine wirken schnell, sollten aber wegen Abhängigkeitsrisiko nur kurzzeitig und unter ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden. Besprich Optionen mit Hausarzt/Psychiater.
- Kombinationstherapie: Oft ist die Kombination aus Psychotherapie und bei Bedarf Medikation am effektivsten.
Praktische Übungen zur Gedankenarbeit
- Gedankentagebuch: Notiere Situation — automatische Gedanken — Beweise dafür/dagegen — realistischere Alternativgedanken.
- „Was ist das Schlimmste, was passieren könnte?“ — Plane, wie du damit umgehen würdest. Oft schrumpft die Angst, wenn ein realistischer Handlungsplan sichtbar wird.
- Vermeide „Denkvermeidungsstrategien“ (z. B. ständiges Sicherstellen), sie verstärken langfristig die Angst.
Wann du professionelle Hilfe suchst
- Wenn Attacken häufig, sehr intensiv oder dein Alltag stark eingeschränkt ist.
- Wenn du Suizidgedanken hast oder befürchtest, dich selbst oder andere zu gefährden — suche sofort ärztliche Hilfe oder kontaktiere eine Krisenhotline.
- Bei körperlichen Symptomen, die neu oder ungewöhnlich sind (starke Brustschmerzen, Bewusstseinsverlust, Atemnot), zuerst ärztlich abklären, um körperliche Ursachen auszuschließen.
Hilfe in Deutschland und Krisenadressen
- TelefonSeelsorge: 0800 1110 111 oder 0800 1110 222 (rund um die Uhr, kostenlos). Online-Chat: telefonseelsorge.de
- Hausärztin/Hausarzt, Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten oder Psychiatrie sind mögliche nächste Schritte zur Abklärung und Behandlung.
Praktischer Tagesplan, um Ängste abzubauen (kurz)
- Morgens: 5–10 Minuten Atem- oder Achtsamkeitsübung.
- Tagsüber: Bewegung (Spaziergang, Sport), koffeinarmes Verhalten.
- Abends: feste Schlafenszeit, entspannende Routine, keine Bildschirme vor dem Schlafen.
- Wöchentlich: eine Aktivität, die Freude macht und soziale Kontakte stärkt.
Es braucht Zeit und Übung — kleine Fortschritte zählen. Du musst das nicht allein schaffen: therapeutische Unterstützung, ärztliche Beratung und gezielte Selbsthilfestrategien können Ängste deutlich reduzieren und dir zurückgeben, was sie genommen haben: Lebensqualität, Freiheit und Vertrauen in deinen Alltag. Wenn du möchtest, kann ich einen konkreten Übungsplan für die nächsten vier Wochen vorschlagen oder helfen, ein Angsttagebuch anzulegen.